Wir Feiern

 

Wir kolumbianische Schwestern haben über die Bedeutung des Feierns nachgedacht und darüber, was gewonnen wird, wenn wir feiern.

Durch diese Vertiefung haben wir bemerkt, dass man feiert, wenn man etwas oder jemand hervorheben will. Man feiert, weil man etwas schätzt und mit anderen diese Wertschätzung teilen will. Man will Wichtiges, Bedeutungsvolles, nicht unbemerkt lassen. Deshalb bedeutet Feiern: miteinander Freude teilen. Man feiert um nicht zu vergessen, sich zu erinnern und noch mehr als sich nur zu erinnern, sondern wieder zu erleben.

Wir haben auch betont, dass die Feier etwas ist, das in Gemeinschaft durchgeführt wird: niemand feiert allein. Andere sind eingeladen, der Grund des Feierns wird mit ihnen geteilt und gleichzeitig ist das Teilen selbst bereits eine Quelle der Freude. Eine Feier ist die Gelegenheit, den Grund der Freude bekanntzumachen und hervorzuheben. Sie ist auch für alle Teilnehmer die Gelegenheit etwas von sich selbst zu geben. Diejenigen, die einladen, entfalten alle ihre Talente, damit bei der Feier die beste Stimmung aufkommt und man in den Begegnungen einander näher kommt. 

Durch diesen Prozess des Nachdenkens über den Gewinn des Feierns, haben wir erkannt, dass dadurch unsere Wurzeln noch mehr in die Tiefe wachsen, unsere Bindungen verstärkt werden und unsere Identität stärker ausgeprägt wird. Zusammenkommen, um zu feiern, bedeutet zu erkennen, dass wir denselben Anlass zum Feiern haben. Es geht darum, dieses Motiv zu vertiefen und sich so als „Glied desselben Körpers“ zu erfahren. Jeder, der kommt, um mit uns zu feiern, wird einer von uns, weil er sich mit dem Anlass zum Feiern identifiziert und somit seine Zugehörigkeit wächst.

Dieses Jahr feiern wir den 175. Jahrestag der Gründung unserer Kongregation und den 125. Jahrestag „des Heimgehens“ Clara Feys, unserer Gründerin, von diesem sterblichen zum ewigen Leben. Dies ist wirklich Anlass für dankbares und freudiges Gedenken.

Wir wollen mit allen die Freude und den Jubel darüber teilen, dass unsere Kongregation von einer Frau gegründet worden ist, die uns eine einfache und effektive Art und Weise hinterlassen hat, um unsere dem Herrn geweihte Liebe im Dienst für Kinder und Jugendlichen und alle um uns herum, zu leben. Denn wie die Heilige Schrift sagt und unsere Gründerin uns eindringlich erinnert hat, kann niemand Gott lieben, den er nicht sieht, wenn er seinen Bruder nicht liebt, den er doch sieht.

Clara Fey zu feiern heißt ihr Erbe zu vertiefen.

Wer war sie?

Was hat sie uns hinterlassen?

Heute, vor 125 Jahren starb Clara Fey. Heute, vor 125 Jahren wurde der größte Wunsch ihres Lebens erfüllt: vollständig in Ihn einzugehen und ewig vereint mit dem zu leben, den sie von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit ihrem ganzen Denken und mit all ihre Kraft geliebt hat.

Was können wir heute von ihr lernen?

Unsere Augen sind wie zwei Fenster, die das Herz eines jeden Menschen öffnen, um einfach nur all die guten Dinge im Leben zu sehen und dankbar zu genießen. Zugleich sollen wir sehen, was nicht richtig ist, was geändert werden muss. Durch diese Weise des Sehens drängt es uns alle persönlichen Potenziale, Fähigkeiten, Kenntnisse und Talente, Ressourcen und persönlichen Kontakte zu mobilisieren damit eine neue, für alle mehr geeigneten Realität, erlebbar wird.

Das ist das persönliche Erbe, das uns Clara Fey in ihrer durch soziales Engagement konkretisierten Spiritualität hinterlassen hat: Ein faszinierendes Engagement für die Schwächsten und Wehrlosesten, ein aktiver Nichtkonformismus. Ein Teil der Realität, die sie sah, gefiel ihr nicht und sie blieb nicht unter deren, die sich nur beschwerten, sondern sie legte Hand an und versuchte, diese Realität zu verändern.

Aber warum hat sie es getan? Etwa weil sie als sozial gesinnte Frau großes Talent zu Leadership besaß? 

Nicht unbedingt.

Wenn sie es getan hat, war es, weil sie eine tiefe Spiritualität besaß; weil ihr Blick ein hervorragend kontemplativer Blick war. Ein Blick, der fähig war, das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren zu entdecken. Sie hatte ihren Blick und ihr Herz auf den liebenden Vater gerichtet; auf den Vater, von dem alles, was existiert herrührt und durch den alles wurde zum Wohl aller Geschöpfe.

Und genau deshalb, weil sie ihre Augen auf die Schöpfung gerichtet hat, die vom Vater für alle hervorgebracht wurde, hat sie verstanden, dass das, was sie sah, nicht vollkommen war, wie Gott ursprünglich alles für alle geschaffen hatte; es war nicht mehr ganz die von Gott gewünschte Welt. Darum musste sie etwas tun, um diesen Zustand der Welt zu verbessern.

Weil sie im Gesicht jeder Person das menschgewordene Gesicht Gottes sah, hatte sie verstanden, dass die Bedingungen, unter denen, zahlreiche Kinder ihrer Zeit lebten, unwürdig und abscheulich waren. 

Soziales Engagement ist deshalb nicht das einzige Erbe, das uns Clara Fey hinterlassen hat. Das größte Erbe, das sie uns hinterlassen hat, war ihre tiefe und persönliche Beziehung zu Gott. Eine Beziehung, wodurch wir alle genau wie sie, unseren eigenen Wert finden und verwirklichen können. In der Sprache unserer Zeit ausgedrückt, geht es um eine Beziehung, die unseren Selbstwert und unser Selbstkonzept stärkt. In der engen und persönlichen Freundschaft mit Gott fand Clara ihren wahren Wert und den Wert jeder Person. Ein Wert, der ihre Persönlichkeit ermutigte und sie dazu brachte, Angst und Schüchternheit zu überwinden.

Aber in ihrer Freundschaft mit Gott fand Clara sich nicht nur selbst! In dieser Freundschaft traf sie auch den Gott des Evangeliums: Jesus Christus. In der Betrachtung des fleischgewordenen Wortes, des Jesus des Evangeliums, fand sie ihr Vorbild, dem sie ähnlich werden wollte. Eigentlich war Er mehr als Vorbild, Er war die Liebe ihres Lebens, ihr Begleiter auf dem Weg, ihr „Coach“. Derjenige, der in der liebevollen Begegnung mit Ihm ihr Herz vergrößerte und sie fähig machte, ihre Mitmenschen im Namen Jesu Christi zu lieben, weil sie Christus in den Anderen sah und weil Christus sie durch Clara persönlich geliebt hat.

Clara vom armen Kinde Jesus gehörte vollständig Ihm und machte Gott all denen konkret erfahrbar, die ohne sie nie gewusst hätten, dass es einen Gott gibt, der sie liebt und dass auch sie geliebte Kinder Gottes sind.

Sicher gibt es in Deutschland nicht mehr das materielle Elend und die Ungerechtigkeiten des 19. Jahr -hunderts. Aber vielleicht gibt es in Claras Heimat auch heute wie damals Kinder, Männer und Frauen, die noch nicht von der Liebe des menschgewordenen Gottes berührt wurden. Sie sind noch nicht berührt worden von der „Frau-gewordenen-Liebe Gottes“ durch jemand, der sich wie Clara von der Liebe Gottes „verführen“ ließ. Einer Liebe, die nur Wirklichkeit wird, wenn sie ─ Fleisch geworden ─ die Person dazu auffordert, den anderen zu lieben und ihm dabei zu helfen, seine eigene Identität als geliebtes Kind Gottes zu entdecken; die Person dazu auffordert, seinen eigenen Wert, der die Freude am Leben beinhaltet und die Aufgabe hat, zum Aufbau einer gerechten und brüderlichen Menschheit beizutragen, die — in christlicher Hinsicht — das Reich Gottes genannt wird. Ein Reich, das nur möglich ist, wenn wir einander wahrnehmen, Gott sehen und seinem Gebot der Liebe gehorsam sind, dann können wir eine Menschheit aufbauen in der die Liebe herrscht.

Was Clara Fey uns hinterlassen hat, war nicht nur ein soziales Engagement, das wertvoll und gutmütig ist. Was Clara Fey uns hinterlassen hat, war eine Antwort des Glaubens und der Liebe zu einer empfangenen Liebe. Weil sie an das Wort dieses Gottes geglaubt, der gesagt hat, dass Er sie liebt und, dass Er in den Armen, den Schwachen und den Wehrlosen Mensch geworden war, hat sie Ihn geliebt, als sie diejenigen liebte, in denen Er sein wollte. Deshalb ist das soziale Engagement Claras vom armen Kinde Jesus nicht nur eine soziale Option, es ist vor allem ein Akt des Glaubens und ein Akt der Liebe. Aber es ist nicht nur ein Liebesakt einer Frau, die Gott antwortet, sondern es ist auch gleichzeitig ein Akt der Liebe Gottes in der Geschichte. Durch Clara Fey und alle Menschen, die eng mit Gott verbunden sind, führt Er seine „friedliche Invasion“ im Lager der Menschen durch, und gewinnt an Boden für die freie und freiwillige Errichtung seines Reiches. Das ist die strategische Weise, auf der Gott sich respektvoll in das Leben der Menschen „einmischt“.

Möge Gott mehr Frauen und Männer für sich gewinnen, die es Ihm erlauben auf diese Weise in die Geschichte einzusickern, in die Geschichte, die viele Menschen braucht, die wissen, wie man auf Gottes Weise liebt.

Sr. Maria Angélica PIJ

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